Nordkap

zuletzt bearbeitet: 2018-Feb-13

 

Ein Bericht von Uwe Tensfeldt

Die Voraussetzungen für unsere Nordkaptour waren nicht optimal. Das begann eigentlich schon bei der Planung: zwei Flieger, nämlich die Bonanza von Klaus Fetzer und unsere Piaggio waren vorgesehen. Klaus konnte seinen Flieger nicht besetzen, war auch ein wenig unter Zeitdruck, so dass schließlich Wolfgang, Mike, Uwe und ich mit unserer Piggi das Unternehmen alleine angingen.

Schon bei der Kartenvorbereitung fiel uns auf, dass es bis zum Nordkap weiter ist als zum Cabo de Sao Vincente in Portugal westlich von Sagres, das wir im vergangenen Sommer im Formationsflug umflogen hatten. Wetter sollte das andere Problem in Norwegen sein. Aus vielen Berichten war immer wieder zu entnehmen, dass die sich schnell ändernden Wetterbedingungen das größte Hindernis war, um zum Nordkap zu gelangen. Einige hatten schon drei mal den Anlauf genommen und dann doch aufgegeben.

Die Wettervorhersage für den Abflugtag war diesmal auch nicht sehr vielver-sprechend. Doch nach sehr intensiver Diskussion mit dem Forecaster in Hamburg sah er Möglichkeiten im Tiefflug und so ging es gleich am frühen Morgen in Richtung Dänemark zum Flugplatz Thigstedt, nordwestliches Jütland. Das Wetter war natürlich besser als vorhergesagt und in 1000 bis 1500 Fuß waren die Sichten hervorragend. Je nördlicher wir kamen um so besser wurde das Wetter. In Thigstedt wurde schnell getankt und ein neuer Flugplan nach Bergen angemeldet. Die Schwimmwesten wurden angelegt und dann ging es übers Wasser Richtung Kristiansand, über die ersten größeren Fjorde, vorbei an Stavanger zum internationalen Flughafen von Bergen. Ein wenig verloren kamen wir uns zwischen den Airlinern vor, doch gleichfalls erregte unsere Piaggio im Bundeswehrlook großes Aufsehen. Für vier Personen war es kein Problem, eine Unterkunft in der Hafengegend zu finden. Der erste Tag wurde mit einem ausgiebigen Spaziergang durch die schöne Altstadt  abgeschlossen. Am nächsten Tag trafen wir in der Flugabfertigung eine deutsche Crew, die auf dem Rückweg vom Nordkap war. Sie hatten bei schlechter Sicht und tiefen Wolken nicht viel vom Kap gesehen.

Für uns wurde das Wetter zusehends besser und so ging es zunächst nach Molde, direkt im Fjord gelegen. Diesen Platz hatten wir schon 1996 bei unserer ersten Norwegentour angeflogen. Unser Tagesziel aber war Bodo mit einer weiteren Zwischenlandung in Namsos. Auf dem Weg dahin meldete sich der Tower nicht und nach Rückfragen bei der Flugsicherung hieß es lapidar, dass Namsos heute geschlossen sei. Ein entsprechender Ausweichflugplatz war mit Bronnoy schnell gefunden; kurz aufgetankt und weiter ging es in Richtung Bodo. Es sind hier nicht nur die riesigen Berge, bis über 6 000 Fuß hoch, die steil in das Nordmeer abfallen, an deren schroffen Wände entlang zu fliegen es geradezu atemberaubend  ist. Es gibt hier die höchsten Gletscher und so stiegen wir von 1 000 Fuß auf 5 500 Fuß, um  in 200 Fuß über den weißen Schnee dahin zugleiten, verfolgt von unserem eigenen Schatten.

In Bodo sollten wir erstmals im Norden feststellen, dass im Juni dort oben ohne Vorbestellung kaum ein Bett zu bekommen ist. Ein freundlicher Taxifahrer war uns bei der Unterkunftssuche behilflich. Das Luftfahrtmuseum mit einer U 2 und vielen deutschen Flugzeugen, Waffen und Geräten aus dem 2. Weltkrieg war uns empfohlen worden. Wir wurden nicht enttäuscht, es war sehr beeindruckend.
 

Da das Wetter es immer noch gut mit uns meinte, sich sogar blauer Himmel zeigte, waren wir doch ein wenig gespannt, ob wir heute unseren Flug zum Nordkap werden machen können. Zunächst ging es nach Tromso, wo es trotz Sonnenschein es nicht wärmer als 12 Grad war. Entlang der Küste flogen wir jetzt vorbei an Hammerfest in Richtung Kap. Die Berge wurden zusehendst flacher als wären sie von riesigen Gletschern rundgehobelt worden. Die höchsten Berge hier waren gerade 2 000 Fuß hoch. Und dann lag vor uns das Nordkap, die nördlichste Koordinate, die wir jemals von unserem GPS abgelesen haben:71°12.29  Nord und 025°47.39 Ost.  Es war 16:15 Uhr Ortszeit als wir unseren Freunden und Bekannten dieses  per SMS aus dem Flieger mitteilten.

Wir hatten das Nordkap gleich im ersten Versuch in Rekordzeit von 2 ½ Tagen mit 13 Flugstunden erreicht!
 

Eine Weltkugel an der Landspitze, ein Wohnwagenparkplatz gut gefüllt, eine riesige Halle und eine Autostraße mit einer Mautstelle waren das Drumherum. Eigentlich ein bisschen enttäuschend. Einige Ãœber- und Fotoflüge, dann ging es zurück nach Hammerfest, zu einem kleinen Flugplatz auf der Insel am Hang gelegen, wo wir übernachten wollten. Große Enttäuschung, wir bekamen keine Unterkunft. So entschieden wir uns – obwohl es schon sehr spät war, aber es nicht dunkel wurde – noch nach Narvik zu fliegen, wofür wir ca. 1:50 Flugzeit benötigten. Der freundliche Towercontroller in Hammerfest half uns erfolgreich bei der Suche nach einem Hotel in Narvik.

Durch die Fjorde und an jetzt wieder kräftig ansteigenden Bergen vorbei ging es zurück mit südlichem Kurs immer auf der Suche nach den Elchen, die wir aber während der gesamten Tour nicht zu Gesicht bekamen. Vorbei an dem Militärplatz Bardufoss ging es auf Narvik zu, romantisch an einem sehr bedeutsamen Fjord gelegen. Hier hatte die deutsche Wehrmacht eine gewaltige Armada zu Wasser und zur Luft stationiert , um die Eisenerzzufuhr aus Schweden zu sichern. Ein interessantes Rotes Kreuz Kriegserinnerungsmuseum zeigt Erinnerungsstücke und Geschichten der damaligen Zeit, wo der Untergang der Tirpitz der wohl bekannteste ist. Für uns Flieger war die damalige Notlandung von 12 J U 52 auf einem zuge-frorenen kleinen See in der Nähe die interessanteste Geschichte, besonders als wir den See im Gebirgskessel liegend gesehen haben.

Im Hotel haben wir um Mitternacht auf den längsten Tag des Jahres angestoßen, natürlich im Hellen.

Ãœber die Lofoten sollte es am nächsten Tag weiter zu jenem Flugplatz Namsos gehen, der auf dem Hinflug so plötzlich nicht mehr anfliegbar war. Von Narvik mussten wir zunächst noch einmal zurück in Richtung Bardufoss, da wir unseren gesamten Ölvorrat verbraucht hatten und das entsprechende Öl nur dort zu bekommen war. Beim Abflug aus Bardufoss kam uns eine deutsche Transall  entgegen, für deren Crew sicherlich ein überraschender Anblick, eine Piaggio im Tarnanstrich mit Balkenkreuz! Ein wunderschöner Tiefflug über Wasser entlang der bergigen Inselgruppen, das Markenzeichen der Lofoten, war überwältigend. Auf dem Flugplatz Lekness wurden wir herzlich begrüßt und zum Verweilen in der Cafeteria eingeladen. Mit dem Vorsatz einmal wieder zu kommen, ging es zurück über das Nordmeer ans Festland südlich von Bodo. Auf dem uns schon bekannten Flugplatz Bronnoy wurde noch einmal getankt und telefonisch Unterkunft in Namsos bestellt. Eine zauberhafte  Landschaft rund um den Flugplatz empfing uns in Namsos. Die Unterkunft in einer Blockhütte war gleich neben dem Flugplatz in einem Feriencamp gelegen. Da es uns auf Anhieb hier so gut gefiel und wir letztlich ausreichend Zeit eingeplant hatten, entschieden wir uns kurzfristig, einen Tag länger zu bleiben. Ausgiebige Spaziergänge, Fahrradtour und gegrillter Lachs waren eine erholsame Abwechslung.
 

Am nächsten Tag – das Wetter war immer noch sehr gut – ging es vorbei an Trondheim zurück zur Küste mit Landung in Kristiansund und von dort wieder landeinwärts über das Zentralmassiv vorbei an Lillehammer zum internationalen Flughafen Oslo-Gardemoen. Da war natürlich reger Flugbetrieb und auf dem riesigen Flugplatzgelände konnte man sich schon verirren. Wir wurden vor dem alten Abfertigungsgebäude abgestellt, wo uns freundliche Controller bei der Suche nach einem Hotel in Oslo behilflich waren. Mit dem Schnellzug ging es in 40 Minuten nach Oslo downtown. Unser Hotel lag in der Nähe des Hauptbahnhofs.

Erst jetzt sollte sich das Wetter ändern. Eine Warmfront brachte uns Regen und tiefe Wolken. So fuhren wir noch einmal hinaus nach Gardemoen und besuchten dort das Militärmuseum, wo noch heute ehemalige Angehörige der norwegischen Luftwaffe den Fuhrpark in Ordnung halten. Seltene deutsche Flugzeuge aus dem zweiten Weltkrieg wurden in mühseliger Kleinarbeit restauriert und sind zum Teil nur noch hier ausgestellt. Am Abend ging es an den Hafen, wo in einem der vielen Restaurants guten Fisch gegessen haben. Der nächste Tag  ließ keinen Start zu, so dass eine ausgiebige Museumstour durch Oslo angesagt war. Da war das Munchmuseum, die Museumsinsel mit der Fram und Kontiki und nicht zuletzt das Schloss und die Parkanlagen. Oslo, eine liebenswerte europäische Hauptstadt mit sehr netten Menschen, hat uns sehr gut gefallen.
 

Endlich konnten wir unseren Heimflug antreten. Einige tiefe Wolken hatten uns zunächst die Sicht ein wenig eingeschränkt, doch je näher wir der Küste kamen, um so besser wurde die Sicht. Wir flogen in 1 500 Fuß direkt über Oslo, das Schloss, den Hafen und konnten rechts ab den Holmenkollen erkennen. An der norwegischen Riviera, an der Wolfgang sich noch einen Liegeplatz für sein Segelboot wünscht, ging es in 1 000 Fuß entlang bis Kristiansand, von dort bei Sonnenschein über Skagen   nach Aalborg.  Schließlich landeten wir gegen 18:00 Uhr in Mariensiel, wo wir wie immer bei den Wildbergs zum Kaffe und Kuchen eingeladen wurden.

Eine wunderschöne Tour mit ca. 5 500 km über ein imposantes Land mit 25 ½ Flugstunden wird für uns ein unvergessliches Erlebnis bleiben.

Bericht: Uwe Tensfeldt